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Bauklotz 2: Der Glücksgott Hotei

Der Glücksgott Hotei

 

nach einer Zeichnung von Hokusai

Er sitzt in seinem Fruchtblasenäthersack und lacht.

Er hat die Verbindung zur Nabelschnur nie verloren.

Ersetzt ist sie durch Nahrung findende Finger- und

Zehenwirbel, die in Luft und Wasser, Feuer und Erde

Wurzeln schlagen, sich ausbrütendes Eidotterwissen

Um des Lebens Nabe und Rad. Feder und Fächer wedeln

Ihm zu. So sitzt er und horcht mit länger und länger

Werdendem Ohrbauch – zukünftigen Ätherfruchtblasen ent

Gegen.

2011

aus: Elbland. Aue 2, edition eY, Bielefeld, 2012

Bauklotz 1: Einen Turm bauen

Einen Turm bauen

für Jakob  für Moritz

Vorsichtig hoch, immer

höher, lege Stein auf Stein.

Jeder Stein, den du auflegst,

muss sein Gleichgewicht

finden, von den Steinen

unter ihm gehalten werden,

wenn es in die Höhe

gehen soll. Bilde in der

Schwebe die Erdung aus –

je höher du steigst, umso

mehr suche Kontakt zu den

Wurzeln und Böden. Bau nur

auf den Steinen auf, die sich

stützen, halten und tragen.

So auch bei den Menschen:

Suche dir die aus, die stützen,

halten und tragen. Stütze,

halte und trage auch du, und

werde gestützt, gehalten,

getragen.

2013 aus: Lots Weib

Bauklotz 0: Achill in Vaduz (Gedichte)

9783942280228

 

Achill in Vaduz

Erhältlich bei: http://www.corvinus-presse.de/

 

Achill in Vaduz

Manchmal, wenn ich die Straße

vor dem Kunstmuseum in Vaduz überquere,

rüber will in den Laden, um mir ein Brot

zu kaufen, steht Achill vor mir, er,

der Krieger, Sohn der Thetis, ein Halbgott,

bis auf die berühmte Ferse unverwundbar.

Er ist ein freundlicher Herr, gekleidet

in einen dunklen Anzug, er grüßt, lüpft

seinen Hut wie zum Scherz, dann nimmt er

den Speer, der neben ihm auf dem Boden

liegt, schleudert ihn leichthin, hoch,

mit seiner Rechten, an seinem Schild,

den er über dem Anzug in seiner Linken hält,

vorbei – eine grazile Bewegung, ganz

hoch hinauf und ich sehe ihn fliegen,

höher und höher, aufblitzen im Licht,

der Sonne entgegen – dort hält er sich,

er scheint zu schweben, ganz langsam,

fast ohne Bewegung, da oben am Himmel,

bevor er dann gleitend verschwindet,

weit, hinter Nebel und Wolken,

Berge und Schnee – auf dass er falle und lande,

auf der Landkarte irgendwo unten, seicht,

an des Mittelmeers kultreichen Stränden.

(2003) 1

aus: Achill in Vaduz, (Gedichte), Corvinus-Presse, Berlin, 2012